E-Auto-Fabrik in Grünheide - Warum der große Tesla-Steuersegen erstmal ausbleiben dürfte
Di 27.07.21 | 17:59 Uhr | Von
Tesla hat hunderte Millionen Euro an Förderung beantragt und wird sie wahrscheinlich auch bekommen. Der Staat hofft umgekehrt auf Steuereinnahmen durch das Grünheider Werk. Die dürften aber auf sich warten lassen. Von Philip Barnstorf
Einige kleinere Steuern zahlt Tesla hierzulande jetzt schon: Für das Grundstück waren knapp drei Millionen Euro Grunderwerbsteuer fällig. Über die darf sich Brandenburg freuen. An die Gemeinde Grünheide (Oder-Spree) geht hingegen die derzeit fünfstellige Grundsteuer für das gekaufte Land. Die Gemeinde-Kämmerei erwartet allerdings, dass diese Einnahmen noch in den sechsstelligen Bereich steigen, wenn Tesla fertig gebaut hat und der Wert des Grundstücks dementsprechend steigt.
Für Grünheide mit seinem rund 20-Millionen-Haushalt sind solche Summen keine Peanuts. Aber auf die richtig dicken Brocken, nämlich Millionen an Ertragsteuer, wird der Fiskus hierzulande noch einige Jahre warten müssen. Das hat mehrere Gründe.
Wachstum statt Gewinn
Tesla muss in Deutschland nur auf diejenigen Gewinne Ertragsteuern - etwa Gewerbe- und Körperschaftsteuer - zahlen, die sie auch hier in ihrem Grünheider Werk erwirtschaften. Dort will das Unternehmen Autos produzieren. Wann Tesla damit konstant Geld verdient, ist aber ungewiss.
Die am Dienstag vorgestellten Quartalszahlen weisen zwar 962 Millionen Dollar als Gewinn aus dem Autoverkauf aus. Aber das könnte sich bald wieder ändern, denn Tesla setzt nach wie vor auf Wachstum statt Gewinn. "Tesla investiert sehr viel in die Zukunft, etwa ins weltweite Vertriebssystem. Es werden auch neue Fabriken und immer mehr Supercharger gebaut", sagt Wirtschaftswissenschaftler und Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Da ist es natürlich in diesen Anfangszeiten schwer, mit dem Grundgeschäft Geld zu verdienen." Dudenhöffer rechnet daher in den nächsten zwei, drei Jahren nicht mit "großen Gewinnen" bei Tesla.
Goldene Zeiten für den Fiskus?
Teslas Wachstumsstrategie sieht man auch an den Dimensionen in Grünheide: In diesem Jahr hat Tesla bisher weltweit knapp 400.000 Autos verkauft. In Zukunft soll allein das Grünheider Werk eine halbe Million Teslas pro Jahr produzieren. Dann brechen potenziell auch für den deutschen Fiskus goldene Zeiten an, denn wenn nur zwei Prozent des Kaufpreises pro Neuwagen als Gewinn beim Unternehmen bleiben, werden theoretisch Steuern im dreistelligen Millionenbereich für Bund, Brandenburg und Grünheide fällig. Und zwei Prozent Gewinnmarge scheint nicht unrealistisch. Zum Vergleich: Mercedes streicht rund zwölf Prozent des Kaufpreises als Gewinn ein. Bei VW sind es fünf.
Tesla kann Fabrikbau von der Steuer absetzen
Aber ganz so einfach ist die Rechnung nicht: Wenn Tesla mit dem Grünheider Werk Geld verdient, kann das Unternehmen zunächst seine Investitionen von der Steuer absetzen. Immerhin: Das Unternehmen kann etwa den milliardenschweren Fabrikbau nicht auf einmal gleich im ersten Jahr absetzen, sondern muss die Abschreibungen über mehrere Jahre strecken. Die Finanzbeamten könnten also immerhin einen Teil des Unternehmensgewinns von Anfang an besteuern.
Aber eine besondere Fähigkeit internationaler Konzerne wie Tesla dürfte den Gewinn und damit auch das Steueraufkommen hierzulande weiter schmälern: Sie können ihre Gewinne zumindest teilweise in Länder verschieben, in denen sie besonders wenig Steuern zahlen müssen. "Die Berater werden von den Aktionären dazu verpflichtet, solche Steuergestaltungsmöglichkeiten auszunutzen, weil das für die Aktionäre bares Geld ist", erklärt Andreas Musil, Steuerrechtler an der Universität Potsdam. "Ich finde diese Denke als Steuerbürger ehrlichgesagt abwegig. Aber aus Unternehmenssicht ist das folgerichtig."
Tesla-Versicherung auf Malta
Tesla dürfte da keine Ausnahme bilden: So hat das Unternehmen etwa seine europäische Versicherung auf Malta gegründet, das für seine niedrigen Unternehmenssteuern bekannt ist. Und es gibt noch weitere Möglichkeiten Gewinne aus Deutschland rauszuschaffen: "Wenn etwa die deutsche Tochterfirma an die Muttergesellschaft Lizenzgebühren für den Namen Tesla zahlen muss, kann sie das als Kosten geltend machen und den Gewinn hier mindern", erklärt Steuerrechtler Musil. Allerdings sind Tesla als Autohersteller hier Grenzen gesetzt: Google und Amazon können leicht europaweit Geld verdienen und nur in Irland Steuern zahlen, weil sie mit ihren digitalen Dienstleistungen besonders flexibel sind. Tesla dagegen hat eine konkrete Fabrik in Grünheide und kann daher seinen Geschäftssitz nicht nach Belieben wählen.
Außerdem sind die Behörden nicht gänzlich machtlos: Gerade tun sich 131 Staaten zusammen, um eine globale Mindeststeuer für Unternehmen durchzusetzen. In der EU arbeiten die Steuerbehörden seit dem vergangenen Jahr im Rahmen der Richtlinien zur "Directive on Administrative Cooperation" (DAC) zusammen, um sich gegenüber den Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen.
Angestellte zahlen schon jetzt Steuern
Was bleibt also unterm Strich? Wegen Teslas permanentem Reinvestieren, der hohen Investitionen in Grünheide, die das Unternehmen absetzen kann, und der "Steuergestaltungsmöglichkeiten" dürfte der große Tesla-Steuersegen noch Jahre auf sich warten lassen. Aber Bund, Brandenburg und Grünheide stehen dennoch nicht mit leeren Händen da: Tesla hat schon Mitarbeiter angestellt und die zahlen auf ihre mutmaßlich recht üppigen Tesla-Löhne Einkommensteuer. Auch die Einnahmen durch die Mehrwertsteuer dürften durch den zusätzlichen Konsum steigen und die erhofften Zulieferer können als mittelständische Unternehmen ihre Gewinne auch nicht so einfach ins Ausland verlagern, wie ihre internationalen Auftraggeber.
Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 26.07.2021, 16:40
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